Rumäniens Jugend ist skeptisch und desillusioniert: etwa 90 Prozent der 15- bis 29jährigen fühlen sich von den Politikern des Landes und den politischen Parteien nicht repräsentiert. Der Kontrollfunktion der Medien misstrauen sie. Der EU-Beitritt hat sie enttäuscht: die Arbeits- und Ausbildungschancen haben sich nicht, wie erhofft, merklich verbessert. Gerade mal ein Viertel denkt, dass Rumänien auf dem richtigen Weg ist. Korruption, Armut und Arbeitslosigkeit sind für alle die größten Probleme des Landes. Fast 40 Prozent der jungen Rumänen erwägen, ihrem Land – wenigstens für einige Zeit – den Rücken zu kehren. Den Kirchen und den religiösen Führern des Landes vertrauen sie mehr als den demokratischen Institutionen. Sie beobachten, dass politischer Opportunismus den beruflichen und sozialen Aufstieg erleichtert. Folglich beurteilen junge Rumänen höchst kritisch die herkömmlichen Möglichkeiten des politischen Engagements, z.B. in einer Partei. Zwar haben sie landesweite Protestaktionen (zB gegen den Goldabbau in Rosia Montana, Sozialkürzungen) organisiert. Dennoch aber vertrauen nur weniger als ein Drittel der Kraft von Bürgerinitiativen und NGOs. Wenn es drauf ankommt, sind sie aber dabei: mit einer Wahlbeteiligung von 58 Prozent haben sie den Ausgang der 2014-Präsidentenwahl (Klaus Johannis) stark mit beeinflusst. Dies sind einige der vielfältigen Ergebnisse der Jugendstudie, die im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung für Rumänien (2014: 1302 Befragte) und für sieben weitere südosteuropäische Staaten (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Kosovo, Mazedonien, Slowenien) erarbeitet wurde.
Referent:
Matthias Jobelius leitet seit Mai 2012 die Bukarester Repräsentanz der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) für Rumänien und Moldau. Er studierte Politikwissenschaften in Berlin und London, vor seiner Berufung nach Bukarest war er u.a. Regionalkoordinator der FES für den Südkaukasus.