Die Straßenproteste in Bukarest und den großen Städten Rumäniens haben auf den ersten Blick einiges bewirkt. Die Regierung zog die Eil-Verordnung zur Verwässerung der Anti-Korruptionsgesetze zurück, zwei Minister erklärten ihren Rücktritt, auf Initiative des Präsidenten Klaus Johannis wurde ein Referendum auf den Weg gebracht: Die rumänischen Bürger sollen über die Zukunft der Korruptionsbekämpfung abstimmen. Als „Lichter-Revolution“, als Ausdruck einer friedlichen Bürgerbewegung, werden die Demonstrationen in der europäischen Öffentlichkeit staunend bis bewundernd wahrgenommen. Längst haben sich die Proteste, so Stephan Meuser, „verselbständigt“ und vom eigentlichen Anlass (Amtsmissbrauch) gelöst. Demonstriert wird für die EU – sie steht für Rechtsstaat und Wohlstand – und gegen die tonangebenden „Eliten“, deren Prominenz ganz überwiegend nahtlos aus dem kommunistische Regime übernommen wurde. Wer sind die Demonstranten? Sind sie im Dezember 2016 zur Wahl gegangen? Ist denkbar, dass die protestierenden Massen sich in einer Massen-“Bewegung“ organisieren? Wie denkt die Landbevölkerung über die städtischen Straßenproteste? Wie kann verhindert werden, dass das Ergebnis des Volksentscheids durch Korruption „gekauft“ wird und welche Verbesserungen kann ein solches Referendum überhaupt herbeiführen?
Referent:
Stephan Meuser leitet seit Juni 2016 das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Bukarest und hat die Straßenproteste aus nächster Nähe miterlebt. Zuvor war er für die FES in der Ukraine und Belarus tätig sowie als Referent im Referat Mittel- und Osteuropa in Berlin. Er hat Politik- und Rechtswissenschaften in Bonn und an der „Sciences Po“ (Institut d’Études Politiques) in Paris studiert. Von 2004 bis 2005 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der FU Berlin.