Liebe Mitglieder und FreundInnen der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft,
die Weihnachtszeit ist da und mit ihr ein Moment der Stille, des Rückblickens, Nachsinnens und Kraft-Tankens. Das jedenfalls wünschen wir euch allen von Herzen.
Während wir im Vorstand noch die diesjährige Mitgliederversammlung nachbereiten und unsere neue Besetzung sich schon auf’s erste Kennenlern- und Arbeitstreffen in 2026 vorbereitet, während im Hintergrund fleißig an der nächsten Ausgabe unserer Deutsch-Rumänischen Hefte gearbeitet wird und während wir noch die zahlreichen Veranstaltungen des Dezembers Revue passieren lassen und uns auf Termine, Projekte und Partnerschaften im neuen Jahr freuen – während all dieser kleinen und großen Vereinsgeschehnisse bleibt die Welt da draußen nicht stehen:
In Rumänien ist 36 Jahre nach der Revolution wieder eine Revolution im Gange. Oder zumindest ein erneuter, verzweifelter, aber von breiten Bevölkerungsschichten getragener Versuch einer Revolution. Eine 2-stündige Doku des Investigativ-Portals Recorder.ro hatte vor einigen Wochen skandalöse Zustände im rumänischen Justizwesen aufgedeckt. Irgendwie hatten es alle schon immer gewusst oder geahnt – jetzt sprachen Menschen aus dem System erstmals öffentlich und wollten auch in den Tagen und Wochen danach einfach nicht damit aufhören. Wieder ein Winter, wo die RumänInnen im In- und Ausland auf der Straße sind. Wir solidarisieren uns mit ihnen.
Was die deutsch-rumänischen Beziehungen angeht, gibt es für dieses Jahr Einiges festzuhalten: Etwa das etwas ungerade, aber von viel Wohlwollen und Völkerfreundschaft getragene 145-jährige Jubiläum deutsch-rumänischer diplomatischer Beziehungen, anlässlich dessen durch die Rumänische Botschaft in Berlin so manche Veranstaltung durchgeführt wurde. Wir haben uns eingeklinkt. Und: Der rumänische Staatspräsident, der zwar nicht mit den Stimmen der Diaspora in Deutschland und Westeuropa, aber angesichts der katastrophalen Alternative doch von der Mehrheit der rumänischen Staatsangehörigen gewählt worden war, besuchte Berlin. Anlässlich des rumänischen Nationalfeiertages haben wir uns ins Online-Meeting mit ihm eingeschaltet.
Wir als Gesellschaft haben die Entwicklungen in Rumänien und in der Republik Moldau aufmerksam, kritisch und wohlwollend verfolgt und auch in diesem Jahr mit unseren Formaten dafür gesorgt, dass die Romania im deutschsprachigen Raum bekannter wird. Über 20 neue Mitglieder in diesem Jahr, Dutzende Anfragen verschiedener Art, zahlreiche TeilnehmerInnen bei unseren Veranstaltungen und hunderte LeserInnen der Deutsch-Rumänischen Hefte bestärken uns darin, diesen Weg weiter zu gehen.
Wenn euch unsere Arbeit am Herzen liegt, erzählt Anderen davon, bringt euch gern mit Ideen und tatkräftiger Unterstützung ein oder überweist eine Spende zur Finanzierung der Stipendien und unserer Hefte! Vor allem aber: Bleibt uns treu!
Für die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel wünschen wir euch frohe, besinnliche und glückliche Stunden, viel Gesundheit und bei allen Krisen in dieser Welt doch immer Hoffnung und Zuversicht!
der Vorstand
Wir – ein Wort, leicht gesagt, aber nicht irgendein Wort.
Von Ortwin-Rainer Bonfert
Wir und die anderen und die Solidarität füreinander.
Niemand ist alleine. Das leuchtet ein. Das leuchtet. Alles. Also ICH auch, irgendwie.
Im Dunkel war es aber auch gut. Keine Zuneigung und keine Ablehnung. ICH. Einfach ich, ungesehen, unsehend. Vertrauen ablehnen: nicht geben, nicht empfangen. Die Dunkelseiten ausblenden. Ohne Licht, ohne Leuchten, ohne Leute. Ohne nichts.
Ich gehe. Ich versuche zu gehen. Alleine. Wirklich alleine? Ich denke daran, als ich – so wie alle Passanten – an einer Frau, in bunten Röcken mit zwei langen schwarzen Zöpfen seitlich geflochten, vorbei lief. Ich hielt neugierig, sagte „numai sănătate, doamnă“. Sie war gesund, aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Da fiel ihr ein, mich um einen kleinen Einkauf im Edeka nebenan zu bitten. Die Leute wollten sie nicht hinein lassen und sie bräuchte frische Eier für die Kinder am Abend. Warum nicht? Ich ging einkaufen. Eier im 10er Pack. Unweit davon war geräucherter Schwarzwaldschinken am Stück. Warum nicht? Dazu noch zwei Kilo Zwiebeln. Und ein Kilo Maismehl. Ohne Schafskäse wird das nichts; also eine große Dose davon in Salzlacke gereift. Pfeffer, Salz, Knoblauchsalz – sicher ist sicher. Alles? Nein, noch eine Flasche Öl, und eine Dose Gulaschsuppe. Weißbrot nicht vergessen. Wie viele Kinder sie wohl hat? Ich steckte 5 Tafeln Schokolade dazu. An der Kasse legte ich noch eine feste Leinentasche dazu. Sie wurde voll. Die zerbrechlichen Eier obenauf. Da der spontane Einkauf länger dauerte, dachte die Frau, draußen, ich käme nicht wieder. So wie alle anderen, die achtlos an ihrem Pappbecher vorbei gingen. Sie sagte dann nur halblaut: „Să vă dea domnu‘ tot ce doriți.“ (dt.: Der Herr möge Ihnen geben – all das, was Sie wünschen.)
Ich gehe. Ich versuche zu gehen. Alleine. Wirklich alleine?
Wer einmal nicht alleine war, ist niemals alleine. Auch nicht einsam. Man denkt immer an jemanden. Hier ist noch jemand. Oder?
Und wenn da niemand ist, also wirklich niemand? Ich habe Angst. Es könnte jemand da sein, ungesehen, unbeschreibbar. Aber gefühlt. Ich kann’s mir noch nicht ‚mal vorstellen, obwohl Ingenieur und Ingenieure können doch alles wahrnehmen, messen, dokumentieren – das Sein. Sein, davor habe ich Respekt; vor allem dem Sein in der Welt.Schließlich blicke ich auf. Vor mir ein Leuchtplakat. „Solidarisch“ steht darauf. Mit einem Foto: Ein älterer Mann umarmt erleichtert eine Frau mit Strickmütze. Dahinter, leicht unscharf, ein roter Rettungswagen mit einem Logo darauf. Es ist das Logo des zentralen Rettungsdienstes des rumänischen Innenministeriums „Departamentul pentru situații de urgență – MAI“. Oben am Plakat lese ich: „Aktion Deutschland hilft“.
Unsere Gesellschaft ist längst eine deutsch-rumänische Gesellschaft – man muss nur genauer hinsehen.

